Bis an die Grenze

 

Ein Tatsachenbericht 

von 

Ralph Bruse

 

 

Teil 1

 

 

 

Alle Rechte für Text & Gestaltung hat der Autor inne.

(c) Ralph Bruse

Kopieren oder Nachdruck (auch auszugsweise) sind nur mit

schriftlicher Zustimmung des Autors gestattet.

 

 

 

Zum Inhalt:

 

Dies ist eine wahre Geschichte – das Protokoll einer Flucht
von Ost - nach – Westdeutschland.
Namen  und Ortsangaben wurden nicht geändert – auch
auf die Gefahr hin, deswegen einigen Leuten auf die Füße zu
treten. Erzählt wird die Geschichte eines Sechzehnjährigen -
eines Großmauls, der durch Übermut gegen alle erdenklichen
Mauern  anrennt und seine Situation dadurch nur verschlim-
mert. Gegen Mauern, in echtem Wortsinn...
 
 

Ostdeutschland. Oktober 1978. Seegrenze bei
Boltenhagen.
 
Nebel kriecht in die Bucht; schluckt den Rest Dämmerung.
Draußen, auf dem stillen Meer, dümpeln graue Boote. Grenzer...
Ich hocke hinter einem Steinbrocken, unterhalb der Steilküste; sitze
da wie 'ne Schwalbe, die nicht weiß, wo Süden ist. Bloß nicht denken,
wenn die Dunkelheit kommt.
Dann kommt sie. Geduckt ins Wasser. Brrrr; saukalt! Langsam - Zeit
zu trödeln ist reichlich. Nur: wer trödelt schon, wenn ihm nach rennen
ist?
Na denn...vorwärts!
Der  Nebel wird dichter. Wo war Westen? Mist? Ist der Anfang etwa
schon das Ende??
In der rechten Wade Schmerzen. Wenn die zum Krampf werden, sauf'
ich ab - einfach so, und kein Schwein merkt's - außer mir natürlich.
Eine Seemeile schaffe ich; vielleicht auch zwei. Lübecks schwach flim-
mernde Lichtsilhouette, oder das, was ich dafür halte, hat was uner-
hört Magisches an sich...Doch das zieht sich. Und in der Wade zieht’s
plötzlich auch unerhört.
Miststelze!, würde ich am liebsten schreien. Zum Glück schlucke ich
Wasser.
Das Ziehen lässt keine weitere Bewegung zu. Scheiße mir vor Angst in
die Badehose. Ausziehn, den Fetzen, schnell!
Bestialisch, der Schmerz - nicht nur im Bein...Will nicht krepier’n;
nicht mit Sechzehn; will leben - also schrei ich nach Hilfe; erst mäßig;
dann wie am Spieß!
Scheinwerfer. Die blitzen auf; blenden; jagen im Kreis; erspähen Ho-
se, Scheiße, und dann mich.
Zwei Boote rauschen längsseits. Flucht zwecklos. Sie nehmen mich in
die Zange. Ein Bleinetz wird zu Wasser gelassen.
Keine Minute später ziehen sie mich rauf, wie einen fetten Fisch.
An Deck knalle ich zu Boden. Eigentlich müßte der Flüchtling ja froh
über die Rettung sein, aber so richtig freuen kann er sich doch nicht...
Die Soldaten an Deck grinsen sich eins. Ich will mitgrinsen, da trifft
mich ein Faustschlag in Mundhöhe. Der Lulatsch in der Truppe hat
mir zwei Zähne gelockert. Immerhin warten sie, bis ich Zähne und
Blut ausgespuckt habe. Dann gehts runter, in die Kombüse, wo schon
jemand sitzt, der Bescheid weiß. Der Dicke am Tisch wirkt relativ
gelassen. Er weist auf einen Stuhl, ihm gegenüber.
>Nanu. Besuch in der Einöde? < Seine Freude ist kaum zu steigern;
doch der intensive Reptilienblick ist mir nicht geheuer.
Zunächst auf die sanfte Tour - die des Märchenonkels.
> Hab ‘nen Bengel in deinem Alter, weißte... Schätz’ mal, daß der
jetzt bei Muttern ist. Bei Muttern isses immer noch am schönsten, ne ?
Hier draußen, weißte...da ist ziemlich tote Hose. Und wenn denn mal
was los ist, denn isses meist auch nix von Bedeutung...Da freuste
dich natürlich auf Schichtende. Endlich festen Boden unter die Füße;
Muttern ist da; und Sohnemann. Da wird geklönt, dass die Schwarte
kracht und der Tach ist wieder mal gerettet...<
Der Stuhl unter seinem breiten Arsch knarrt. Der Dicke wird doch
nicht unruhig?
Wird er.
> Tja, heut wird wohl nix aus pünktlich Feierabend. Jetzt muß ich ‘nen
ellenlangen Bericht schreiben und überall rumtelefonieren, weißte...
Kann dauern....Daaaaas kann dauern. Der Tach ist praktisch flöten;
Muttern motzt denn auch, weil’s Essen kalt wird; morgen bin ich gerä-
dert, weil mir was vom Schönheitsschlaf fehlt, und so weiter. An das
Durcheinander mach man garnich’ denken.<
Die Wanduhr hinter seinem Schädel tickt warnend.
Er hebt die Stimme.
> In einer Stunde ist hier eigentlich für mich zappenduster. <
Er beugt sich vor; Böses im Blick.
> In einer Stunde. Nicht in zwei oder drei, kapiert?! <
Braves Nicken von der anderen Seite.
Er beruhigt sich wieder.
> Na, denn sind wir uns ja einich.<
Und wie wir uns einig sind.
Er schlägt vor, daß wir uns ratzfatz an den Bericht machen.
Wieder ein Nicken.
Er will wissen, was mit meiner Lippe ist?
Lippe? Wovon redet der? Lippe ist tot. Zumindest taub. Alles taub
und geschwollen. Affenfresse, von oben betrachtet.
> Hab was draufgekriegt.<
Eher Genuschel als Sprache.
> Da oben?, < will er wissen.
> Ja, < brabbelt ‘Affenfresse’.
Er strafft sich, daß es knackt. Der Stuhl fliegt um.
Ich zucke; erwarte den nächsten Hieb. Doch, oh Wunder...
> Werd’ denjenigen bestrafen. Geht ja garnicht, sowas! Geht
überhaupt nicht! Den knöpf’ ich mir vor. Kannst dich drauf verlassen!<
Setzen.
Er greift in die Schublade, kramt Papier raus und ist die Freundlichkeit
in Person.
> Na, nu’ erzähl mal...Einfach frei raus, damit wir beide schnell nach
Haus könn’.<
> Was erzähl'n?, < will ich wissen.
> Na, warum du von Muttern weg bist, zum Beispiel. Und wer dich
zum Grenzdurchbruch angestiftet hat. Wenn du willst, kannste mir
auch erstmal deinen Namen sagen und denn das andere.<
> Ralph. <
> ‘n abend, Ralph. Und weiter? <
Das bisschen Freundlichkeit bringt mich zum Flennen.
> Lasst ihr mich denn wieder frei? <
> Klar doch. Allerdings solltest du mir schon die Wahrheit erzähl'n.
Die ganze Wahrheit, und kein’ Scheiss! <
Seine Geduld ist bei Null angekommen. Und schauspielern kann er
auch nicht gut.
 

Ich hab die volle Wahrheit gesagt - alles, was ich weiß und nicht weiß -
daß Paps und ich auf der Werft immer den großen Pötten nachsehen;
daß ich Schiffbauer in Hamburg werden will, und daß mich keiner an-
gestiftet hat - außer Paps, wenn er einen im Tee hatte.... > Hau ab, so-
lang’ du jung bist, < meinte er manchmal - aber das geht den Dicken
nichts an.
Alles in allem war ich sehr kooperativ.
Der Dicke scheint anderer Meinung zu sein. Ich suche in seinem
Mondgesicht das Lächeln von vorhin, finde aber nur noch ein schie-
fes, ziemlich hässliches Grinsen.
In dem Moment weiß ich, daß sich das bisschen Hoffnung gerade in
Luft auflöst. Mein Zuhause werde ich lange nicht wiedersehn, und
auch keine wegfahrenden Schiffe. Paps wird umsonst warten - heute
nacht; morgen, übermorgen. Vielleicht sehe ich den gutmütigen Säu-
fer auch garnicht wieder. Er ist alt; wackelig und krank, der alte Herr,
und die Zeit rennt uns weg.
Wenigstens kommt der Dicke noch rechtzeitig zu Feierabend nach
Hause. Und ich komm’ dahin, wo ich hingehör’, wie er meint.
Bevor ihn ein anderer ablöst, haut er mir noch was auf die tauben Lip-
pen - nur so aus Spaß; unter vier Augen. Unter zwei Augen, besserge-
sagt. Meine wuchern nämlich nach dem Schlaghagel binnen Sekunden
zu. Muß wohl ziemlich zermatscht ausgesehn haben. Jedenfalls veraus-
gabt sich der Dicke voll - richtig fertig ist der, als er mit mir fertig
ist. Höchst zufrieden zieht er Leine.
Etwas später ziehe auch ich Leine - leider nicht allein, sondern in Be-
gleitung mehrerer Soldaten, die mich abwechselnd schleppen. Nett
von denen; hätte sowieso nichts sehen können. Ist alles so dunkel, um
die Augen.
 

 

Ich liege auf einer Pritsche, im Halbschlaf.
Mein Schädel rebelliert hämmernd, doch so langsam arbeitet er wie-
der.
Aufwachen, los!
Ein Raum. Ungefähr vier Meter lang; drei breit. Wo andere Räume
gewöhnlich Fenster haben, ist hier Glasbaustein. Etwas Frischluft
müht sich durch den schmalen Spalt im Glas.
Rausgucken ist nicht - der enge Spalt verläuft schachtförmig himmel-
wärts. Doch nirgendwo ist Himmel zu sehen.
Das grelle Deckenlicht blendet. Ich wende den Kopf. Die Pritsche ist
seitwärts in die Wand gemauert. Gegenüber ein leicht versifftes
Waschbecken. Der Hahn tropft. Links, neben der Tür, eine brusthohe,
braungestrichene Holzwand. Dahinter, das Klo - ohne Spülung, wie
sich herausstellt. Aufstehen; los!
Klodeckel auf. Es stinkt nach Desinfizierer und Klärgrube - eine
schlichtweg atemberaubende Mischung.
Deckel zu.
Ich pinkle ins Waschbecken; wackele zurück, Richtung Pritsche. Der
Kopf brummt noch; doch langsam wird’s.
Weisse Wände. Fast tadellos. Was ist das da...?
Der Gruß eines Vorgängers; mit Bleistift, in Reichweite an die Wand
geschrieben.
 
 
Seit ich die Menschen kenne, liebe ich Tiere.

 

Maik
 
Etwas mehr Zuversicht hätte es ruhig sein dürfen, Maik...
Schätze mal, er wollte noch was Nettes dazu kritzeln, und dann ver-
reckte sein Bleistift. Macht nichts; ich werde seinen deprimierenden
Spruch bei Gelegenheit umschreiben. So schlimm wird’s in dem Bau
ja wohl nicht sein. Oder doch? Na ja, zumindest ist es merkwürdig
still im Haus. Kein Laut von den Fluren; nicht der kleinste Piep.
Und von draußen?...
Ebenfalls nichts. Tot.
Würde mich schon interessieren, in welcher Walachei der Bau steht.
Gefängnis - dies ist ein Knast - soviel ist mal klar. Zwar sind keine Git-
terstäbe da, doch Glasstein hat dieselbe Wirkung - nämlich die, daß
man gehalten ist, sich mit sich selbst zu vergnügen.
Warum zerbreche ich mir überhaupt den Kopf? Irgendwann - nur
wann?! - werden sich alle Fragen klären. Erstmal heißt die Devise:
Kopf hoch, abwarten und derweil die Umgebung nach Brauchbarem
inspizieren.
Auf den ersten Blick keine Reichtümer...Ahaaa!- dreibeiniges Nacht-
schränkchen gesichtet. Auf ihn! Tür auf. Lauter nützliche Dinge. Klo-
papier, Nassrasierer - ohne Klinge, logisch. Leuchtet ein, daß hier kei-
ner durch eigene Hand sterben darf. Zunächst werden die Grenzflitzer
tüchtig verhört, vermute ich mal - und wo Verhöre stattfinden, fallen
Beerdigungen erstmal aus.
Klorolle, Rasierer, wie gesagt. Im hintersten Eck noch ‘ne Zahnbürste.
Schade, doch keine Reichtümer.
Hätte große Lust, mich zu waschen, aber Seife gibts nicht. Die Zähne
müßten auch mal geputzt werden. Zahnpaste? Fehlanzeige. Verdammt
schlechten Service haben die hier!
Nachdenken. Improvisieren. Sieh nur, der Wandputz - blütenweiss!
Zahnbürste nässen und kräftig reiben. Dann ebenso kräftig die Zähne
wienern...
Das Ergebnis ist glänzend - mit Abstrichen. Die Zähne sind blitze-
blank; nur das Zahnfleisch verträgt den ätzenden Kalk nicht so gut.
Es fängt an, zu bluten.
Ich bin stolzer Besitzer eines Spiegels. Zwar ist der aus Blech, krumm
und in die Wand gemauert; macht aber Spaß reinzuglotzen, weil man
plötzlich einen langen Pferdekopf hat.
Nach dem Waschen lasse ich mich Lufttrocknen. Überhaupt ist bei al-
lem, was man tut, reichlich Zeit. Wenn schon keine überwältigenden
Beschäftigungsangebote da sind - Zeit gibts haufenweise - immerhin.
Könnte ein spannendes Buch lesen. Psychokrimi, Überlebensratgeber,
oder so in der Art.
Bücher sind purer Luxus. Können die sich nicht leisten. Schreibzeug
erstrecht nicht. Maik war besser dran. Der hatte wenigstens den Blei-
stift...Bloß nicht neidisch werden. Alles Scheiße, hier. Alternative:
das Beste aus der beschissenen Lage machen. Und improvisieren.
Klopapier, zum Beispiel, eignet sich nicht nur zum Abputzen, sondern
auch zur Dekoration langweilig aussehender Wände und Decken. Ein
Kackeimer, der übel riecht, duftet, in Graukrepp gehüllt, zwar auch
nicht besser; sieht aber deutlich hübscher aus. Ein paar klatschnasse
Girlanden hierhin und dahin; schon ist die Klorolle alle.

Okay, die Bude sieht nicht feierlicher aus; doch wohnlicher allemal.
Gerade segelt der trocken werdende Zimmerschmuck zu Boden, da
rasselt es an der Tür....
 
                                                   
Ein Mensch... Mir steht in der Einöde wahrhaftig ein Mensch gegenü-
ber - eher klein als groß, eher schmächtig als breit; eindeutig männ-
lich, weil schnurrbärtig und Zigarre rauchend, und so um die Sechzig.
Der alte Zwerg trägt Uniform, Knüppel und viel zu große Stiefel. Sein
Grinsen kommt mir irgendwie bekannt vor... Ach ja, der Dicke. Der
hatte auch so ein fieses Grinsen an sich.
Ich mag den Alten auf Anhieb nicht - was wohl auf Gegenseitigkeit
beruht, denn sein Grinsen gleicht jetzt einer echten Bedrohung. Das
muß der böse Kammerjäger sein, der Jagd auf die einzige Kakerlake
im Bau macht...Ich werde ihn Zigarren-Ede nennen.
Der Alte nuckelt äußerst unruhig an seinem Stummel. Seine Glub-
scher fixieren den Partyschmuck.
> Über den Faschingsfirlefanz reden wir später, Freundchen...Jetzt
erstmal raus mit dir, aber dalli! Da, den Gang lang, los! Dritte Tür,
links. Da warten...!<
Klar doch. Ich stapfe den Flur lang. Dritte Tür, links. Warte.
Und warte...
Der Alte ist verschwunden. Kein Schwein zu sehen. Bin im zweiten
Stock. Im Parterre ist ein Drahtnetz gespannt. Lebensmüde sollten bes-
ser vom Dach springen. Hier runter ist zwecklos. Das Drahtgeflecht da
unten ist jedenfalls weniger geeignet, sich Verhören zu entziehen. Hier
hat offenbar jeder Querulant Verhörrecht - und die unbedingte Pflicht.
Die langen Flure sind von grauen, fest verrammelten Türen unterbro-
chen. Ungefähr dreißig. Alles bestens verstaut...Die Tür, vor der ich
stehe, hat weder Schloss noch Riegel; ist auch nicht Einheitsgrau, son-
dern rot gepolstert. Leder. Riecht jedenfalls nach echtem Leder. Ziem-
lich feudal.
Bestimmt ist die schicke Polsterung auch innen - für den Fall, daß ein
fallender Stuhl unnötigen Lärm macht - oder der schreiende Gefange-
ne. Muß ja nicht sein, sowas; drum machen sich Türpolster wirklich
gut.
Ehe ich es wirklich mit der Angst kriege, denke ich an meine Oma,
väterlicherseits, die mir immer Mut machte, wenn es irgendwo
klemmte.
> Wird schon nich’so wild werden, min Jung....<
Nee, wild nicht, Oma. Nur schlimm. Dennoch sage ich mir: das da ist
'ne schöne Tür und sie ist einfach nur da, um das Auge zu erfreuen.
Und hinter  heimelig wirkenden Türen finden sich meistens gemütli-
che Zimmer, mit noch gemütlicheren Menschen drin.
Ehe ich endgültig in Spinnereien versumpfe, schnauzt es aus einem
Lautsprecher, zur Linken: > Eintreten! <
Mach ich doch glatt.
Der erste Eindruck - genau wie die Phantasterei, zuvor: gemütlich hier...
Ein großes, helles Zimmer; richtige Fenster, mit Gardinen dran. Dicker
Plüschteppich, viele gerahmte Fotos an den Wänden. Na, von wem
wohl...? Erich und Konsorten.
Ein überdimensionales Aquarium, mit nur zwei Fischchen drin.
Komisch - so ein Riesending und nur zwei kleine Fischlein?
Soll wohl heißen: ich bin der kleine Fisch, und er der Größere. Er - das
ist ein Riese von Mensch, der augenscheinlich einen schlechten Tag
hat. Hat er wohl immer.
> Setzen! Dahin! <
Er deutet auf den Stuhl mit der dünnsten Polsterung, was nicht beson-
ders höflich ist. Und der rüde Ton gibt ebenfalls Anlass zur Sorge.
Sein Glatzkopf glänzt mal mehr, mal weniger im Licht. Noch lustiger
ist er anzusehn, wenn er gähnt, wie in diesem Moment. Fast schon sym-
pathisch, der Typ.
Umgekehrt scheint das eher nicht der Fall zu sein. Muß wohl versehent-
lich gekichert haben. Das merkt der Riese, der in irgendwelchen Noti-
zen blättert.
> Ist was?! <
Er blättert weiter. Die Atmosphäre wird schlagartig frostig. Während er
lustlos vor sich hinstöbert, zieht in meinem Hals ein Würgen auf -
Luftknappheit, die sich immer dann einstellt, wenn ausreichend Sau-
erstoff vorhanden ist - und es trotzdem stickig wird.
> Unser’m Gast gehts wohl zu gut?....<
Zum ersten Mal treffen sich unsere Blicke. Seiner ist herausfordernd.
Offenbar ist er scharf auf Zoff. Bin ich nicht. Eine Affenfresse reicht
mir voll und ganz. Er aber will Stunk - soviel ist sicher. Sein Tonfall,
die abweisenden Augen - verzogener Mund, als hätte er Dreck vor sich
sitzen; angespannter Oberkörper und die Birne in Knallrot - der Kerl
kotzt mich an. Also sage ich genau das Falsche.
> Stimmt. Unser'm Gast gehts gut...<
Er tut, als hätte er die Ruhe weg.
Lange hält er das nicht aus. Plötzlich sprudelt er los; erzählt mir was
vom Pferd; und davon, wie herrlich sich draußen der Herbst entblättert.
Und tatsächlich wird er davon ruhiger.
Was juckt mich sein toller Herbst? Sehe in meiner Bude ja nicht mal
den Himmel. Verstehe schon: er will mich mürbe machen.
Keine Chance.
Er schwenkt um; kommt endlich auf den Punkt.
> Warum wolltest du abhaun?...Haste bei uns nicht alles geboten be-
kommen? Gibt es Helfer, oder Helfershelfer, die deine Flucht unter-
stützt haben? Was willste überhaupt da drüben...? Vor die Hunde
gehste da - garantiert!...Hast du Westkontakte? Wer und was sind
diese Personen...?<
Lauter blöde Fragen. Der Typ nervt. Es gibt nur eine Antwort auf all
seine Fragen: Kannst mich mal kreuzweise, großer Riese!
Würde ich ihm auch furchtbar gern sagen - verkneife es mir dann
aber.
Mein Schweigen bringt ihn auf die Palme. Er knallt beidhändig auf
den Tisch. > Du gehst hier nicht eher raus, bis ich ein astreines Ge-
ständnis hab', klaar?! Uns're Leute haben dich im Dreimeilengebiet
geschnappt. In den Knast wanderst du sowieso. Du kannst abstreiten,
was du willst - Knast ist dir sicher! Ist nur ‘ne Frage der Zeit, wie lange
du da einziehst! Den starken Max spiel'n kannste dir jedenfalls schenken.
Mach reinen Tisch und du sparst dir ‘ne Menge Ärger!<
Wahrscheinlich hat er die Prozedur schon x-mal durchgepaukt.
Urplötzlich  ist er wieder der große, gemütliche Riese - schiebt mir
ein Blatt Papier unter die Nase, Kulli, und den Ratschlag: > Denk an
deinen Vater. Denk gut nach, Junge...! Denn unterschreibste mir das
und gehst schwuppdiwupp nach Haus. Und ich sorg' dafür, daß du
wenigstens bis zum Gerichtstermin auf freiem Fuß bleibst.<
Er knipst sich eine Duett (die Schachtel für verschwenderische 6 Mark)
an.
> Na, haste schon nachgedacht...? Ist doch ‘n Angebot. Erstklassig, das
Angebot! Gibts nix dran zu meckern, oder?<
Sein goldener Eckzahn blitzt mich an. Und die Augen geiern auf’s
Blatt. Was da wohl alles draufsteht?... Mist; lauter Humbug - was sonst.
Ist auch nicht wichtig. Doch, eigentlich schon. Trotzdem hab ich keine
Lust, mich nochmal veräppeln zu lassen. Der Dicke vom Schiff hat
mich auch gründlich verarscht - warum also sollte der Riese ein guter
Onkel sein? Und warum, verdammt, nehme ich den Wisch nicht ein-
fach und mache lauter kleine Schnipsel draus?!
Weil von *Paps* die Rede war...Das zieht. Da holste erstmal tief Luft.
Wollen die ihn etwa auch verhaften? Hängt sein Schicksal von mei-
ner Unterschrift ab? Wenn die Paps holen, drehe ich durch - garantiert.
Wenn die ihn einsperren, knall’ich durch!!!
Ich versuche es mit einer kleinen List - frage, ob Paps noch in der Wis-
marer Beethovenstraße wohnt?
Der Riese bejaht.
Aufatmen. Sie lassen ihn also vorerst in Ruhe. Die haben ihn zur Sa-
che wahrscheinlich nicht mal verhört. Warum sollten sie auch? Er hat
ja nichts damit zu tun.
Fragt sich nur, ob das auch so bleibt?
> Vater ist schwer krank.<
> Das wissen wir... <
Mir bleibt die Spucke weg.
> Woher wissen Sie das? <
Er haut auf den Putz.
> Wir wissen alles.<
> Er hat nichts mit der Sache zu tun.<
> Wissen wir auch. <
> Also lassen Sie ihn in Ruhe? <
> Wüsste nichts, was wir gegen den alten Mann in der Hand hätten.<
Das wollte ich hören. Genau das!
Genüsslich fege ich das Blatt vom Tisch.
> Kannste selber unterschreiben. Hab keinen Bock drauf.<

Er bläht sich zum Superriesen auf; poltert um den Tisch, stürzt sich
auf mich; stemmt mich ungefähr einen Meter in die Luft - und das mit
links!, - scheuert mir mit der freien, rechten Hand eine.
Doppelt hält besser - also noch eine.
Während ich nur froh bin, daß sie Paps nichts können, tobt der Riese,
wie irre. > Dich krieg ich auch noch klein, Großmaul! Ganz klein krieg
ich dich! Du schmorst solange im Loch, bis du von allein angekrochen
kommst. Verlass dich drauf! Und jetzt, rauauaus hiiiieeeer!!!<
Er schmeisst mich ins Eck; drückt den Knopf seiner Sprechanlage;
brüllt: > Schaff mir das Arschloch hier raus, Wagner! <
Zigarrenede heißt also Wagner. Gut, zu wissen.
Der Alte liegt schon auf der Lauer. Keine drei Sekunden später kommt
er rein, packt mich am Hals und schleudert mich raus, in den Gang.
Ehe ich die rettende Zelle erreiche, latscht er mir noch mit voller Wucht
ins Kreuz. Ich fliege wieder hin - stehe auf. Weiter...
Der nächste Tritt. Ich torkele in die Zelle. Die Tür knallt zu.
Erstmal stehe ich noch - dann sacke ich zu Boden; versuche, mich
aufzurappeln. Klappt nicht. Zigarrenede beobachtet es durch den Tür-
spion und lacht sich eins.
Bis die Pritsche erobert ist, brauche ich vier Versuche. Langsam
lässt der Schmerz im Rücken nach. Dafür kommt Wut. Die lässt sich
nicht mehr kontrollieren. Das Zittern aller Glieder sagt: Wehr dich,
Schlappschwanz! Los, wehr dich endlich!
Na klar, die Wut macht mir eine Scheissangst. Aber sie ist stark; viel
stärker, als jeder klare Gedanke! Die Wut will frei sein und sie wird
Freiheit bekommen. Wenn der alte Sack wieder reinkommt...
> Gewalt ist keine Lösung. Erzeugt nur Gegengewalt,< sagt eine sanf-
te Stimme.
> Drauf geschissen! Soll ich dem Alten etwa in den Arsch kriechen?!
Oder dem Riesen, hinter der rotgepolsterten Tür?! Sonst noch Wün-
sche?! Bin doch kein Wurm, der in jedes Arschloch passt! <
Selbstgespräche haben mitunter was Tröstliches.
Trotzdem - die sanfte Stimme hat verloren.
 
 
Wagner ist im Anmarsch. Die Tür fliegt auf. Er wirft mir Plastikteller
und zwei Scheiben Brot hin.
Ich hebe es auf.
Margarine und eine Wurstscheibe segeln hinterher.
Auch danach bücke ich mich ohne Murren.
> Besten Appetit, Drecksammler!, < giftet der Alte. > Hoffentlich
bleibt dir der Fraß im Hals stecken! <
Weg ist er.
Ich hab Hunger; fresse wie ein Scheundrescher; vergesse das Kauen.
Danach hab ich immer noch Hunger, doch der Nachschlag fällt, trotz
mehrerer Bettelversuche, aus.
Leitungswasser füllt auch den Magen. Trinken, bis Bauch und Hals
gestrichen voll sind.
Keine Ewigkeit später kriege ich Dünnpfiff.Wir waren bislang nicht
die besten Freunde - der Scheisseimer und ich - das ändert sich über-
fallartig und mit andauernden Entschuldigungen, meinerseits.
> Pardon; muß dir schon wieder auf die Makronen kacken...< So, in
der Art.
Mitten in eine dieser Klositzungen schneit Zigarrenede. Er ballt die
Fresse; faselt was von schweinemäßigem Gestank und verzieht sich,
um kurz darauf wiederzukommen.
Er hat Geschenke mit. Seife und Zahnpaste.
> Los, waschen. Aber fix, Großmaul! <
Ich ziehe mein Hemd aus; seife mich ein. Der Alte steht breitbeinig da;
glotzt aus sicherer Entfernung, ob ich das auch ordentlich mache.
> Den Sack könnste auch mal waschen. Stinkt bis hierher!<
Ruhig Blut, sag ich mir. Immer schön ruhig bleiben.
Zähneputzen.
> Mach hinne, Dreckfresser!, < knurrt er deutlich schärfer. > Los, leg
das Zeug dahin! < Er weist auf den Klodeckel. > Zurück, ans Bett. Los,
wirds bald! < Er beugt sich hinab. Ich gehe einen Schritt zurück - dann
zwei vor.
Wut frisst Angst. Mir brennen alle Sicherungen durch. Jetzt...
Er grapscht nach Seife und Zahnpaste. Und ich trete ihm mitten in die
Fresse.
> Mit schönen Grüßen vom Dreckfresser! <
Ich keuche; sprühe Spucke.
Ihm läuft Blut aus der Nase. Er wischt es weg; will auf mich losdon-
nern; überlegt es sich dann aber anders. Vielleicht hat er gemerkt, daß
ich am liebsten nochmal hintreten würde; daß ich vor Wut koche; daß
mir die Wut wie unsichtbare Flammen aus dem Maul schießen; daß ich
irre geladen bin, und zittere - wie gedopt zittere! Und nur drauf warte,
daß er die nächste, falsche Bewegung macht. Jedenfalls haut er schnell
ab; giftet aber vom Flur her, daß er wiederkommt, um dem ‘Bastard’
alle Knochen zu brechen.
> Komm doch, Arschgesicht!,< schnaufe ich.
 

Zehn Minuten später wird seine Ankündigung wahr. Er ist da. Wie er-
wartet, mit ausreichender Verstärkung. Sie sind zu dritt. Drei sind ent-
schieden zuviel. Mir schwant Böses...Sie haben Knüppel - extra lang
und extra für mich...Dann tanzen sie auch schon in der Luft, die
Knüppel; tanzen mir über Rücken, Füße, Beine, Bauch und Kopf.
Ich schütze, was zu schützen möglich ist; mache mich ganz klein am
Boden - Arme um den Kopf geschlungen; das Gesicht im Dreck.
Dem Alten kann ich zwischendurch einen Tritt in die Eier verpassen.
Das macht ihn natürlich erstrecht fuchsteufelswild. Er langt besonders
fest hin; schlägt mir seinen Knüppel hart in die Bauchgegend – so hart,
daß ich kotze.
Sie dreschen weiter. Ich blute; kotze - aber die dreschen munter weiter.
Hat keinen Sinn, sich zu wehren. Krieche also in die Kloecke; igel mich
da ein - lasse sie prügeln, bis es vorbei ist.
 
Vorbei ist es noch lange nicht. Die Knüppel surren....Ich denke ans
Sterben - will es auch in dem Moment - krieche noch weiter in die
Ecke; doch da ist die Wand. Ende Gelände...Der Scheisseimer kippt
um. Ich kippe um. Reiße die Arme vom Kopf. > Haut drauf! Haut
doch drauf, Ihr Schweine!!! <
Würden sie liebend gern, mir die Rübe zerdebbern.
Sie lassen es.
Ihre Arme zeigen erste Ermüdungen. Strengt ja auch an, jemanden
totzuprügeln. Oder halbtot.
Schließlich hören die Schläge auf.
> Na, Großmaul, jetzt haste die Flatter, hä?!, < sabbert Ede. Die an-
dern Beiden finden das witzig und lachen.
> Nochmal so’n Ding, und du fährst hier liegend raus, Freundchen! <
Sie verschwinden.
Ich liege in der Ecke; den Kopf in einer glibbrigen Pfütze aus Kotze
und Scheiße.
Aufstehn ist nicht. Arme, Beine - alles taub. Im Bauch brennen
Buschfeuer; im Rücken stecken Nagelbretter. Rote Spucke seilt sich
von den Lippen ab, die so dick und blau sind, daß mir Angst und Ban-
ge wird.
Immerhin, der Kopf ist noch dran. Und der Rest...? Abtasten...
Vollzählig. Nur: wie die verdammten Schmerzschübe aushalten, die
jetzt mit aller Wucht kommen?!
 
 
Irgendwann schaffe ich es, die Pritsche zu entern. Weil sie hart ist,
lassen die elenden Schmerzen kein bisschen nach. Auf dem Bauch
liegend, jammere ich mich in kurze Schlafschübe.
 
Es ist Herbst.....Wir sitzen am Kai. Stapellauf. Das Schiff rauscht zu
Wasser. Einige Kollegen sind fröhlich; andere nachdenklich. Paps
köpft eine Bierflasche.
> Wohin fahr'n die, Papa? <
Er hat es nicht eilig, zu antworten.
> Irgendwohin. Was weiß ich. <
> Bestimmt nach Hamburg. Und von da aus wieder hierher! <
> Hierher? Nee. Jedenfalls nich’ freiwillich. Wieso sollten die noch-
mal retour fahrn? <
> Na, wegen uns! <
Seine Miene verfinstert sich.
> Wegen uns?... Kannste vergessen. Uns brauchen die in Hamburg
nich’.<
> Doch, mich schon! <
Sein Lachen war auch schon mal besser.
> Na ja, so’n Sturkopp wie dich kriegen die da schon unter. Rostige
Pötte gibts ja auch im Westen.<
> Schiffbauer in Hamburg...Das wärs!, < schwärme ich ihm vor.
Er stellt die Flasche ab.
> Träum man schön weiter...Viel anners als hier is’ das auch nich’.
Dreck is’ überall derselbe. <
Ich klatsche mir an die Stirn.
> Hätt’ ich ja auch gleich drauf kommen können...Die fahrn erst noch
zur Grenze, und denn rüber, ne? <
Paps ist etwas gereizt.
> Kann sein. Soweit komm ich nich’ rum. Kommst du auch nich’. Und
nu’ lass mich in Ruh’, mit dem Quatsch von Hamburg! <
 
 
Ich werde wach.
Das Zellenlicht brennt in den Augen - brennt Tag und Nacht.
Pinkeln; ich muss pinkeln; schaffe es nur bis zum Waschbecken;
schleppe mich zurück; falle auf die Pritsche; schreie vor Schmerzen.
Kalt; mir ist kalt. Eine Decke gibt es nicht. Nur die starre Liege und
kurze Träume von Schiffen, die ohne mich fahren.
Scheissträume!
 
....Paps ist besoffen, als unser Schiff in Hamburg festmacht... Er ist oft
blau. Wenn aber Schiffe vom Stapel laufen, ist er garantiert hackevoll.
An jenem Tag finde ich ihn in der Ölwanne einer Drehbank; irgend-
wo, auf der Werft. Neulich lag er in einer Putzlappenkiste. Auch schon
mal im Straßengraben. Er ist nicht anspruchsvoll in der Wahl seiner
Ruheplätze. > Trinken is’ lebensnotwendich!, < flapst er manchmal.
Witzbold. Trinken schon, aber nicht saufen. Okay, schließlich muß er
ja auch wie ein Pferd rackern. Die Arme sind hin, vom Rostkloppen,
vom Schleifen, Schweißen, Heben, Pressen. Schiffbauer, halt. Klingt
gut - Schiffbauer - ist aber ein Knochenjob. Zu achtzig Prozent kaputt,
seine Arme. > Kein Saft mehr drin, < redet er es schön. Der Betriebs-
arzt, jedenfalls, ist ein verkappter Rindviechdoktor. Der lässt Paps
nicht in Frührente. Mit Sechsundfünfzig geht man in dem Saftladen
von Werft noch als dynamische Arbeitskraft durch.
> Macht nix, < meint Paps. > Denn rabotte ich eben durch, bis die Ar-
me von selber inner Luft stehnbleiben...Is’ nur Schiet nach Feierabend,
ne? <
Sein Lachen holt uns aus allem raus.
Wenn er einen im Tee hat, lacht er noch öfter. Ich lache dann mit - aber
nur solange, bis er umkippt und ich ihn nach Hause schleppen muß.
Während ich ihn huckepack habe, faselt er mir allerlei gefährliche Sa-
chen ins Ohr. > Hau ab, nach drüben! Büst ja noch jung...! <
Hat er schon an die hundert Mal runtergeleiert, den Spruch - immer im
Suff. Und erst, als ich verspreche, es auch zu tun, nervt er nicht mehr
damit und pennt ein. Zuhause packe ich ihn dann ins Bett. Sein Mund
klappt auf; wieder zu. Jesses; was ‘ne Fahne! Er brabbelt unverständ-
liches Zeugs, stimmt sein Geschnarche an; flötet sämtliche Tonleitern
durch; im Vollbart klebt Bier; im Haar mitgebrachte Ameisenhorden
und durch's ganze Haus schleichen Brauereiwinde. Kurz: Paps gibt ein
Bild des Jammers ab. Trotzdem liebe ich den ollen Zausel.
 
Bald kam Herbst; und ich hab mein Versprechen eingelöst....Länger
als sonst sitze ich bei ihm.
Er redet im Schlaf; schnackt doch tatsächlich astreines Plattdeutsch,
während er pennt!...Mein Lächeln. Wische ihm das feuchte, fuchs-
rote Haar aus der Stirn. > Saufkopp, < flüstere ich eher traurig, als
vorwurfsvoll. Kann keiner Fliege was tun. ‘Disziplinierter Trinker’,
könnte man sagen. Gibt's das überhaupt - disziplinierte Trinker?
Gibt es - siehe Paps.
> Will dich hier nicht allein hängenlassen, Papa...Hör doch mal zu..!<
Die Schnarchnase hört rein garnichts. Wenigstens lacht er. Sein Atem
rasselt. Meine Hände verschwinden in seinen. Jetzt brauche ich diese
großen Schaufelhände, die schon zig Schiffschrauben flottgekriegt ha-
ben. Brauche sie mehr, denn je!
> ...Kann dich jetzt nicht mehr nach Hause tragen, Papa...Pass auf
dich auf, ja ...?<
Nur zögernd lasse ich ihn los. > Ich geh jetzt. Machs gut, Papa. Wirst
mir ganz doll fehlen...!<
Dann das Rausgehen - ohne ihn nochmal anzusehn; schnurstracks zur
Tür, die Treppe runter. Die Haustür klappt zu wie ein Sargdeckel.
Das eigene Gebrüll. > Hör auf, zu flennen!!! <
Der Himmel hängt voller schwarzgrauer Fetzen. Drüben, im Hafen,
fährt das nächste Schiff weg. Vatter schläft seinen Rausch aus. Und
ich lauf’ im Regen nach Hamburg....
 
 

Sie haben mich nicht klein gekriegt. Noch nicht. Der Riese holt
mich zwar noch manchmal zum Verhör; doch das nützt ihm gar-
nichts. > Steck dir den Wisch sonstwohin, < sage ich gewöhnlich,
wenn er wieder mit dem fertigen Geständnis ankommt.
Das hat weitere Schläge zur Folge. Auch die kassiere ich tapfer und
ohne nennenswerten Widerstand.
Gestern haben sie mich dem Haftrichter vorgeführt. Der musterte
mich kurz und bestimmte ebenso knapp, daß der - wörtlich - Dick-
schädel ruhig noch ein Weilchen im Bau schmoren soll. Zudem
bleibt es bei strenger Einzelhaft, weil Verdunklungs-und Fluchtge-
fahr besteht.
Er enttäuscht mich zutiefst. Ich mache mir Luft; nenne ihn einen
Arsch. Das bringt mir ‘ne zusätzliche Geldstrafe ein. Fünfhundert
Mark, wegen ‘Majestätsbeleidigung’.
 > Hab nicht mal fünf  Märker, Hoheit, < ermuntere ich ihn, sich
etwas Besseres einfallen zu lassen - was er auch prompt tut.
> Er hat kein Geld...? Na, denn machen wir daraus ersatzweise fünf-
zig Tage Haft.<
Sein triumphierendes Grinsen ist mir sowas von egal - wenigstens
nach außen hin.
> Na und! Die paar Tage mehr schaff ich auch mit links und vier-
zig Fieber! <
Sein dämliches Grinsen hört garnicht mehr auf. Muß ein nervöses
Leiden sein; oder angeboren. Erst als ich in das Gegrinse einstim-
me, verschwindet dasselbe von ‘Merkwürden’.
> Abführn, das Großmaul! <
‘Großmaul’ streckt die Hände vor; lässt sich freiwillig Handschel-
len anlegen.
 
 
 
Sie piesacken mich ohne Ende. Das Licht in der Zelle brennt rund
um die Uhr. Ist nichts Neues - neu ist aber, daß Zigarrenede immer
dann seinen Knüppel gegen die Tür knallt, wenn ich am wegdösen
bin. Schlafentzug. Auf die Dauer macht dich das fertig; wirst ner-
vös und reizbar, obwohl du eigentlich so schlapp bist, daß du im
Stehen pennen könntest.
Der Alte stiert andauernd durch den Türspion und weiß natürlich
genau, wann er wieder Knüppel aus dem Sack spielen darf.
Drehe mich zur Wand, um wenigstens dem grellen Deckenlicht zu
entkommen. Nur: dem Ballern an der Tür - dem entwische ich nicht.
Das reisst mich aus jeden noch so kurzen Schlaf.
Nicht mehr lange, dann haben sie mich doch mürbe. Fast unfähig,
noch irgendwelche, klaren Gedanken zu fassen, dämmere ich da-
hin. Der Kopf fällt zur Seite...Hämmern an der Tür. Er kippt zur
anderen Seite...Hämmern an der Tür.
Es ist an der Zeit, zu sagen: > Okay, her mit dem Wisch! <
Noch zögere ich. Bin völlig erledigt; habe dauernd Mordshunger
und überall Beulen und Blutergüsse auf der Haut. Kann mich kaum
rühren.
Eine einzige Hoffnung bleibt: vielleicht verlegen sie mich endlich in
einen anderen Knast. Der Aushorcher hat sich letztens verplappert -
meinte, daß nach der Vorführung beim Haftrichter ziemlich schnell
‘ne Heimatverlegung erfolgt. Das wäre in meinem Fall die UHA
Wismar.
Am liebsten wär ich dem Aushorcher vor Freude in die Arme ge-
sprungen; aber so sympathisch ist er mir auch wieder nicht.
Immerhin besteht nun die Aussicht, das kleine Loch - also, die Zel-
le - gegen ein hoffentlich größeres Quartier einzutauschen. Denn
eins ist ja wohl klar: beschissener als hier kann es nirgendwo sein!!!
 
Neuerdings rede ich sogar mit meinem Bauch. Muss mich schon
sehr anstrengen ihm immer wieder bessere Zeiten zu versprechen.
Er knurrt praktisch ohne Pause - untrüglicher Beweis dafür, daß er
in einer Tour leer, und somit ziemlich mies gelaunt ist.
Tröste ihn mit vielen Streicheleinheiten. Höre ich auf, geht das
Knurren weiter. Sicher behagen ihm die Miniportionen genauso
wenig, wie seinem Besitzer. Zwei Brotscheiben am Tag, plus ein
Klacks Schmierfett, Käse-oder Wurstscheibe - eine, wohlgemerkt -
und  Muckefuck. Da muß er die Verdauungsmaschinerie ja garnicht
erst anschmeissen.
 

Zigarrenedes' Manieren sind nach wie vor unter aller Sau. Der
wirft die Futterrationen mit Schwung, und logischerweise aus si-
cherer Entfernung in die Zelle. Da klatscht es hin und ich kratze al-
les ab. Bleibt zuviel Margarine kleben, lecke ich auch schon mal
den Fußboden.
Es gibt ausschließlich Klappstulle, weil weder Fett noch Wurst für
zwei Scheiben reichen. Hab x-mal versucht, Wurst und Schmiere
auf zwei Stullen zu verteilen, aber auf Dauer wurde mir das zu ex-
perimentell. Das Fett mußte ich demzufolge dünn auf die eine
Scheibe schmieren - dann, die eh schon spacke Wurstscheibe unter
Zuhilfenahme eines nicht zu groben Haarkammes; der seit kurzem
vorhanden ist, vorsichtig mittlings teilen, so daß zwei ganz spacke
Wurstscheiben entstehen. Danach nehme man die eine, fettbe-
schmierte Brotscheibe und reibe sie kräftig an der anderen, fettlo-
sen, damit diese auch was davon hat. Zum Schluß muß nur noch das
heikle Kunststück vollbracht werden, die hauchdünnen Wurstschei-
ben heil zwischen zwei stark bröckelnde Stullen zu lancieren, weil
jene - reibungsbedingt - fast nur noch Kruste aufweisen.
Wie gesagt: zuviel Experimentierfreudigkeit ist in diesem Fall wohl
eher zum Schaden des Speisenden.
Spaß beiseite. Das Essen ist knapp; Ersatzkaffee auch; aber es gibt
ja noch Wasserhähne...Also, Wasser marsch. Du trinkst immer mehr
davon, weil der Hunger immer größer wird. Resultat: der Durchfall
meldet sich zurück.
Lieber Duchfall, als den schlimmsten Fall...
Hunger kennt kein pardon.
 
 

Manchmal erwischt dich das Glück auf dem Lokus...Und der
Glücksbote ist ausgerechnet Zigarrenede...
Eines Morgens überrascht er mich wieder mal auf dem Stinkeimer
und verkündet naserümpfend: > Scheiss hinne, Großmaul. In zehn
Minuten holt dich die Minna! <
Tür zu. Schritte. Stimmen im Gang.
Stille.
Minna. Grüne Minna. Das heißt: verreisen.
Ich verreise gern. Unter den gegebenen Umständen verreise ich so-
gar mit höchstfröhlichem Gefühl - zwar nur von einem Knast zum
andern; aber es wird eine Heimreise - immerhin.
In Wismar ist das 'Türpersonal' bestimmt nicht so rabiat. Schließ-
lich wohnt man in derselben Stadt. Könnte sich außerdem rum-
sprechen, daß Aufseher soundso Häftling soundso was an die Backe
gehaun hat.
Damit die Wärter - ertüchtigungsmäßig - nicht ganz einrosten, könn-
ten sie ja auswärtige Insassen ein wenig trietzen. Bei denen kriegt
das so schnell keiner mit. Und überhaupt: bei dringendem Verdacht
auf Körperverletzung gibt's ja ein schlagendes Gegenargument...
Treppe...Was rennste auch so schnell die Treppe runter. Musst halt
die Augen aufsperrn, Mann...!
Ehe ich den Wismarer Aufsehern weitere Gemeinheiten unterstel-
le, putze ich mir den Hintern.
 

Es ist soweit. Gleich kommt Wagner; und dann gehts Richtung Hei-
mat. Werde den alten Sack vermissen - nicht, weil ich ihn irre lieb
habe - sondern, weil ich ihm eine Nacht - irgendeine Nacht, in ir-
gend einer Zukunft versprochen habe, in der er sein blaues Wunder
erlebt...Auf die Nacht warte ich schon jetzt!
 
Meine Beine sind schwer. Schlurfe wie ein Endsiebziger ans Wasch-
becken. Während die Hände vor der Kälte des Wassers zurück-
schrecken, kommt mir Maiks' Spruch entgegen. Seine Worte werden
größer; sie wachsen und wachsen. Baumhohe Buchstaben, die jede
Decke überragen.
 
Seit ich die Menschen kenne, liebe ich Tiere.
 
Scheissspruch. Kann ihn nicht mehr sehen. Er zieht mich noch mehr
runter. Mußte wochenlang den einen, deprimierenden Satz ertra-
gen - beim Waschen; beim Trinken...Er wird noch da sein, wenn ich
schon weg bin. Und wenn ihn doch einer mit Farbe überstreicht, hab
ich ihn längst am Hals. Im Kopf.
Wie ich den beknackten Spruch hasse! Und auf unbestimmte Art
mag...Genauso beknackt, oder?
Die Fingernägel ragen ungefähr eineinhalb Zentimeter über meine
Kuppen. Nicht die schlechtesten Schreibgeräte. Ritze meinen Gruß
direkt unter Maiks' Namen.
 
Mach dir warme Gedanken!
 
Begeistert wird mein Nachfolger nicht sein. Aber 'warme Gedanken'
sind nun mal das, was hier zählt.
 
Wagner kommt. Schließt auf.
> Abmarsch! <
Ich eiere den Flur lang. Der Kopf tut weh; und der Rest auch.
Das Tageslicht ist mir nicht geheuer. Schnell durchquere ich den
Hof; stolpere in die vergitterte Minna; sacke hundemüde auf einen
der Sitze.
Seitwärts: ein enger Spalt. Etwas Himmel ist zu sehen. Mich sieht
er nicht.
Der Wagen fährt an.
Das Tor. Ein Schild. Ministerium des Innern. Außenstelle Gade-
busch.
Dann Straße.
Menschen. Jemand ruft > Hallo!, < und winkt; aber nicht mir. Mich
sieht keiner durch den schmalen Spalt.
Auf meinen Lidern hockt ein dickerfetter Uhu.
Schließe die Augen; falle samt Uhu ins tiefe Meer; bis zum Grund
und noch weiter; immer tiefer.
Schlafen ist Medizin.
 
 
 
 
Dezember 1978.
Untersuchungshaftanstalt Wismar.
 
Lange Flure, wie gehabt. Aufpasser in hellgrünen Uniformen.
Weiße Wände. Graue Türen.
Die Zivilkleider werden einkassiert. Der Kammerbulle; der, wie
der Name schon sagt, die Kleiderkammer unter sich hat, wirft mir
verwaschenes Zeug zu. Gelbe Streifen an Jacke und Hose.
Ich schlüpfe rein; sehe aus wie Giraffe mit Vorfahrt. Was soll’s; die
Ziviklamotten standen eh schon, vor Dreck.
Decke, Handtücher, Seife, Zahnpaste, Becher, Bürste und was ein
ordentlicher Häftling noch so braucht, gibt’s gratis, als Bündel dazu.
Weiter gehts, Richtung Friseur. Die schönen Locken segeln bü-
schelweise zu Boden. Alles, was über die Ohren ragt, wird radikal
weggeschnippelt. Der Friseur - ebenfalls Knacki - klopft mir auf-
munternd ins Kreuz, als der Aufpasser kurz rausgeht.
> Halb so wild. Wächst wieder nach. <
Der hat gut reden. Die Haare sind nicht mal mehr streichholzkurz.
Giraffe mit Segelohren, um im Tierreich zu bleiben. Fehlt nur noch
der Wind, und die ‘Giraffe’ fliegt weg...Gemein, sowas!
Der Wärter kommt wieder.
> Fertig? <
Fix und fertig.
Der Schnippler nickt.
> Na denn, schnapp dir dein Bündel! <
Wir wandern drei Flure lang. Dann Schlüsselklappern. Tür auf. Ich
spaziere in die Zelle. Da sitzt schon jemand. Und bevor ich > Hal-
lo! < sagen kann, fliegt die Tür zu.
Das Deckenbündel landet auf dem oberen Bett.
Blick in die Runde...Rechts, neben der Tür, das Klo - mit Spülung
und ‘spa(rta)nischer Wand', davor. Man kann auch schlicht: Brett
sagen; aber spanische Wand klingt besser.
Ein Fenster - juchhee! Ohne Glasbaustein; dafür mit Gitter. Das be-
deutet: mehr Frischluft und immerhin freie Sicht - ja, wohin...? In
den Knasthof; ist schon klar. Richtung Himmel wird es enger, weil
schräg nach unten laufende Metallblenden das Panorama einschrän-
ken.
Was noch?
Ein dreibeiniger Tisch. Zwei Stühle. Ein Waschbecken. Zwei Bet-
ten; übereinander. Zwei Minischränkchen an der olivgestrichenen
Wand. Das wars. Oh, ‘tschuldigung...Und ein Mitgefangener. Schät-
ze ihn auf Vierzig; eventuell auch auf Sechzig - kommt ganz darauf
an, ob man ihm auf die Hände, oder ins Gesicht glotzt.
Leseratte - denn er zieht es vor, sich erstmal wieder in sein Buch zu
vertiefen. Kann mir nicht passieren. Bin froh, endlich Gesellschaft
zu haben; reiche ihm deshalb gutgelaunt die Hand.
> Ralph.<
Er nimmt die Hand nur ganz kurz. Lascher Druck; nix dahinter -
und zieht sich wieder in sein Schneckenhaus zurück. Hab ich ‘ne an-
steckende Krankheit, oder Mundgeruch, oder was?
Das wüßte ich aber. Bis auf ein paar Beulen und Blutergüssen bin ich
gesund. Der dünne Herr mit Nickelbrille und verschorfter Platzwunde
an der Stirn hat offenbar keine Lust auf Quatschen...Hoffentlich legt
sich das mit der Zeit, denn ich hab auch keine Lust, ihm jedes Wort
aus der Nase zu ziehn. Da er den Eindruck eines klugen, vielbeschäf-
tigten Mannes macht, und ich Respekt vor altklugen Menschen habe,
verpasse ich ihm erstmal einen Spitznamen. Herr Professor, oder ein-
fach nur: Prof. Er wird sich daran gewöhnen müssen, wenn er schon
keinen bürgerlichen Namen hat, oder ihn nicht verraten will.
Während der Prof also eifrig sein Buch studiert, schreite ich zur Ar-
beit. Auspacken, einräumen, Klogang. Der Durchfall ist noch am
Wüten. Wenigstens stinkt es nicht so dolle. Großer Gestank wäre
mir peinlich. Ist schon peinlich genug, zu wissen, daß dir, gleich da-
neben, jemand beim Kacken zuhört. Da beeilt man sich besonders.

Geschafft.
Auf meinem Bett liegt, unübersehbar, ein Blatt, in Folie geschweisst.
Die Hausordnung. Klar doch, Ordnung muß sein. Mal sehen, was da
Spannendes drinsteht.
6 Uhr Wecken.
7 Uhr Frühstücksausgabe.
8 Uhr Freigang im Hof. Dahinter, fettgedruckt: wenn das Wetter es
zulässt. Im Klartext heißt das wohl: die Wärter bestimmen, ob es
regnet, oder nicht. Ist Aufseher ‘Jimi Holzauge’ trotz Sonnen-
scheins miesgelaunt, regnet’s eben. Wir werden sehen.
Weiter...
11 Uhr fünfzehn Mittagausgabe.
17 Uhr Abendbrotausgabe.
2o Uhr Nachtruhe.
Weiter unten steht:
Einmal wöchentlich darf der Untersuchungshäftling einen Brief an
die Angehörigen schreiben.
Und wieder fettgedruckt:
Der U-Häftling darf nur in der Zeit von 2o bis 6 Uhr morgens auf
dem Bett liegen. Tagsüber ist dies untersagt. Verstöße werden be-
straft.
Welch ein Schwachsinn! Vierzehn Stunden auf dem Stuhl sitzen...
Die Zeit absitzen.
Hinten steht auch noch was drauf.
Betritt ein Justizbeamter den Zellenraum, hat sich der Gefangene
sofort zu erheben, ans Bett zurückzutreten und Meldung zu erstat-
ten. Die Meldung beinhaltet den Tagesgruß, den Dienstgrad des Be-
amten, die Anzahl der Zelleninsassen und die Zellennummer.
Nehmen wir an, Jimi Holzauge kommt rein...Ich springe ans Bett,
knalle die Hacken zusammen; krähe: > Moin, Holzauge; pardon:
Wachtmeister! Zelle 11 mit zwei Knastologen belegt. Keine beson-
deren Vorkommnisse; außer daß letzte Nacht ‘ne tolle Frau in mei-
ner Koje schlief, und daß sie weg war, wie ich aufgewacht bin. <
Den Rest der Hausordnung kürze ich auf’s Wesentliche.
Die Zellen müssen täglich gereinigt werden. Duschen dürfen die
Gefangenen einmal wöchentlich. (Man achte auf das Wörtchen
‘dürfen’) Die Duschzeit sollte 5 Minuten nicht überschreiten. (Jes-
ses, sind die pingelig! Stell dir vor, du stehst eingeseift da, und die
5 Minuten sind rum...So ein Pech. Musst halt warten, bis nächste
Woche, oder kalt in der Zelle abwaschen.)
Das Beste zum Schluss.
Der U-Häftling hat das Recht (hat er doch tatsächlich auch ein
Recht), sich alle zwei Wochen ein Buch in der Anstaltsbücherei zu
leihen.
Wie bitte? ...Alle zwei Wochen ein Schmöker? Sauerei ist das! So
ein Buch verschlingt der unterforderte Häftling locker in zwei, drei
Tagen!
Zum Glück ist noch der Prof da. Mit dem kann man ja tauschen.
Was macht eigentlich unser Professor...? Mal schauen...Er sitzt da,
wie angewachsen, starrt in sein Buch und gibt nach wie vor keinen
Piep von sich. Mir fällt auf, daß er seit 15-2o Minuten nicht umge-
blättert hat; daß er demzufolge genauso lange dieselben, zwei Buch-
seiten liest...
Merkwürdig, aber dennoch plausibel - um auf die besagten zwei
Wochen zu kommen, bis es das nächste Buch gibt, liest er sowohl
vorwärts, als auch rückwärts - eventuell auch querbeet. So entste-
hen sicher interessante Wort - und Rätselspiele - und wer weiß,
ob sich da nicht noch die eine oder andere verschlüsselte Botschaft
offenbart. Sicher indes ist, daß der Prof seinen eigenen Kopf hat;
daß er ein scheuer Geselle ist, und - ich will ihm wirklich nichts Bö-
ses unterstellen - doch ich denke, daß er plemplem ist, oder wenigs-
tens spinnert.
Zufällig mag ich Spinner. Bin wohl selbst einer. Doch bei ‘plemplem’
müsste ich passen.
Während ich noch hoffe, daß meine Ahnung falsch ist, geschieht
Folgendes: Der spacke Professor hebt langsam, wie in Zeitlupe, sei-
nen lädierten Kopf, richtet die schwarzrandigen, wässrigen Augen
auf mich; blickt vorbei, oder durch mich hindurch; so genau ist das
nicht festzustellen, und brummelt was von müde...
Es ist aber erst Abendbrotzeit; hinlegen ist also noch verboten.
Ach was, scheiss doch auf Verbote!...Der Prof kann sprechen; ich
freu’ mich drüber, und dies ist ‘ne gute Gelegenheit, ihm zu zeigen,
daß wir in einem Boot sitzen.
> Leg dich hin. Ich stopf’ solange Klopapier in den Spion.<
> Danke. <
> Nix zu danken. <
Beim Gehen zittert er wie ein Tattergreis. Ein vierzigjähriger Tat-
tergreis. Da stimmt was nicht... Drei Schritte nur. Für ihn Marathon.
Geschafft. Er kippt nach hinten; schläft nach wenigen, tiefen Atem-
zügen ein. Bin stolz, sein Bewacher zu sein. Betrachte ihn genauer.
Sein Gesicht ist gelblich. Vom Lampenlicht, vermute ich zunächst.
Falsche Vermutung. Auch im Schatten des Bettgestells ist es noch
gelb. An seinen Händen erkenne ich winzige Blutbäche, die in Schlan-
genlinien armaufwärts ziehen. Die ganze Gestalt ist rappeldürr; das
Gesicht nicht nur gelb, sondern auch eingefallen. Nur der Bauch passt
nicht in die flache Körperlandschaft. Der ist angeschwollen - dermaßen
prall, daß mir Angst und Bange wird. Das ist nicht der Wanst eines
Vielfraßes, sondern der eines Kranken - mit viel zuviel Wasser drin.
Schwellwampe; garantiert. Armer Prof. Je länger ich ihn ansehe, desto
öfter muß ich an Paps denken...Manche Ähnlichkeiten wühlen sich aus
der Erinnerung... Gelbe Gesichtsfarbe, schleichender Gang, Blähbauch
auf Stöckerbeinen...
Erstmal tief Luft holen...Paps sah zuletzt genauso aus. Kommt von der
Leber. Die schafft nicht mehr richtig. Kein Wunder, nach jahrelangem
Suff. Immer wieder Entziehungskuren. Rückfälle. Entziehung. Falsche
Freunde. Rückfall. Die Krankenkasse streikt; zahlt nicht mehr.
Weitersaufen. Delirium. Dann der letzte Versuch - auf eigene Kos-
ten. Kläglich gescheitert. Wieder Delirium...Paps sieht weisse Rie-
sen, die ihn holen wollen...Der Wahn zieht sich über Wochen und
Monate hin. Ich klaue ihm den Fusel. Bringt garnichts. Er findet im-
mer Wege, an Schnaps zu kommen. Es ist grauenvoll - für ihn und
für mich!
Sehe, wie er immer wieder aufsteht; kämpft; wie er gegen die Pulle,
weisse Riesen und sämtliche Schweinehunde der Welt ankämpft -
und verliert...Er klappt zusammen, schlägt wie irre um sich; schreit
vor Schmerzen, die aus der Wampe kommen; kotzt alles aus und
will nur noch eins - zwei, genauergesagt: die Flasche; die rettende
Pulle - oder sterben.
Dann strömt Blut aus dem Darm. Viel Blut - läuft aus, wie der Rest
Leben...
Paps hatte ‘ne ganze Horde Schutzengel. Er sprang den weissen Rie-
sen zwar jedesmal knapp von der Schippe. Doch irgendwann ist Eb-
be; macht der Körper den Affentanz nicht mehr mit. Dann rücken
Todesengel, samt Riesen, an.
Saufen ist Volkssport. Säufer kurieren, Leistungssport. Zuletzt litt
Paps an Gelbsucht; Beschwerden beim Pinkeln, keinen Appetit mehr;
was weiß ich noch. Will nicht zuviel drüber nachdenken, doch der
Anblick des Mannes in meiner Zelle hält dagegen. Kann ja sein, daß
ich auch schon weisse Riesen sehe. Vielleicht ist der Prof ja kernge-
sund und nur gelb von künstlicher Sonne. In seiner Wampe sind
lauter gesunde Fressalien, und Organe, die glücklich vor sich hin-
leben. Auch die Blutergüsse sind harmlose Lichttäuschungen - wird
wohl so sein - muß so sein, verdammt!
Reines Wunschdenken. Tief drinnen weiß ich, daß es nicht so ist;
daß der Prof ein kranker Mann - und alles sowas von beschissen ist!
Während ich ihm beim Schlafen zusehe, hab ich Paps vielleicht
schon verloren....Himmel, hilf! Schreiben! Muß ihm sofort schrei-
ben! Muß wissen, ob er den letzten Absturz in den Suff einigerma-
ßen heil überstanden hat! Gleich nachher, bei der Abendbrotaus-
gabe, will ich Schreibzeug. Und wenn der Wachheini nicht Gas
gibt, um es zu holen, mache ich einen Riesenstunk!
Plötzlich wird mir bewusst, daß inzwischen zwei volle Monate ver-
gangen sind, ohne von Paps zu hören.
Die Ungeduld steigert sich zur Panik! Zähle Sekunden und Minu-
ten; zähle acht Mal bis Sechzig. Dann halte ich das Warten nicht
mehr aus; rufe den Aufseher; donnere gegen die Tür.
> Paps!...Gebt mir Schreibzeug! Bitte! <
> Schreibtag ist erst Übermorgen!, < brüllt es nach einer Weile vom
Flur her.
> Übermorgen ist Scheisse! Ich muß jetzt wissen, was mit Vatter los
ist! Bitte...! <
> Der hat Sorgen...<
Leises Lachen. Schritte, die sich entfernen.
Will ihn gerade einen Arsch nennen, da kommen seine Schritte re-
tour. Er schließt auf.
> Hier. Ausnahmsweise.<
Ein junger Wärter. Nussknackergesicht. Kaum zwanzig. Er entdeckt
den Schlafenden im Bett. Ich erwarte den gesalzenen Anschiss; doch
der fällt aus. > Stein darf liegen. Ist auf Entzug, < sagt er; geht;
schließt ab.
Stehe da und denke: also doch Schluckspecht. Nur, das mit der Lie-
ge-Erlaubnis sollte mir der Prof vorher sagen, damit ich mir nachher
den Aufpasser, das Klopapier im Spion und den vermeintlichen An-
schiss sparen kann.
Okay, Schwamm drüber. Ist halt ‘n wortkarger Mann, der Prof.
Denke auch, daß der junge Wärter offenbar kein Scheisstyp ist.
Schließlich denke ich an Paps, und an den Brief, der ihn schnells-
tens erreichen soll. Acht Seiten lang wird er. Habe viel zu erzäh-
len. Weil hier aber jeder Brief gründlich nach Erzähltem durch-
sucht wird, und weil sich viel Wahrheit und Wut in so manche Zeile
mischt, kommt der Brief leider nie bei Paps an...Das weiß ich zum
Glück nicht, oder: noch nicht. Mich wird auch niemand informieren,
daß der Brief nicht rausgeht. Werde auf Antwort warten, und warten...
Doch Paps wird nicht antworten - kann er ja auch schlecht, wenn er
von nix ‘ne Ahnung hat. Die Augen werde ich mir ausheulen. An’s
Aufgeben werde ich denken. Das Ziel...Hamburg in den Wind schie-
ßen. Zurück, zu Paps. Werde ihn pflegen; stützen, nach Hause schlep-
pen, wenn er im Straßengraben liegt; auf’s Beste hoffen...
Ohne mich! Klar liebe ich ihn, aber mein Ziel liebe ich auch.
Mensch Paps, mach’s mir nicht so verdammt schwer!
 

Alles kommt anders. Es kommt meist anders, als man denkt. Mo-
nate, Jahre später bin ich schlauer. Nur gut, daß ich kein Hellseher
bin...
Jedenfalls ist mir erstmal wohler - viel wohler, als der Brief an Paps
geschrieben ist. Stolz wie Oskar reiche ich das achtseitige Werk zur
Tür raus - wonach es auf Nimmerwiedersehn verschwindet. Und
ich lache dazu, weil ich sowas von blöd bin. Oder einfach nur naiv.
 
 

Der Prof schläft noch. Er schläft so tief und fest, daß er weder das
Auf-und-Zuschließen der Zelle, nicht die Stimme des Wärters, auch
nicht mein Lachen hört. Auch die Abendbrotausgabe verpasst er
festschlafend. Um Acht, als das Zellenlicht ausgeht und es still wird
im Haus, glaube ich, sein Atmen garnicht mehr zu hören.
Unsinn! Jeder atmet mal laut und weniger laut, im Schlaf.
Aber garnicht...?
 
Am anderen Morgen weiß ich, daß der Prof für immer eingeschla-
fen ist.
Sie tragen ihn in einer schlichten Holzkiste weg. Mich verlegen sie
in einen anderen Trakt. Einzelzelle. Wieder mal. Mir egal. Bin eh
beschissen drauf. Der Prof geht mir nicht aus dem Kopf. Wut kocht
hoch...Warum haben die ihn hier krepieren lassen?! Jeder Dussel
weiß, daß man Alkoholkranke nicht einfach wegsperrt. Was immer
der Prof verzapft oder verbrochen hat - einlochen kann man ihn
später immer noch. Der kann ja nicht weglaufen, so wie der wackel-
te. Aus. Vorbei. Der Tod ohne Abschied war schneller. Draußen wä-
ren bestimmt ein paar Kumpane an sein Grab geschlappt; der letz-
ten Ehre wegen. Jetzt wissen die nicht mal, daß er gestorben ist -
und - jede Wette - denen wird auch keiner was sagen.
 
Am gleichen Tag hab ich die Einzelzelle demoliert; hab alles zer-
deppert; bis ich selbst wie ein zerdeppertes Wrack in der Zellenecke
kauerte, heulte; Gott und alle Welt hasste; mir die Tränen vom Ge-
sicht riss.
 
 
Stehzellen beruhigen ungemein. Zumindest sollen sie das bewirken.
Du stehst und stehst dir die Beine in den Bauch. Umfallen heißt
verlieren. Kann dir hier nicht passieren, weil die Mausefalle viel zu
klein ist...Zwei Meter hoch; kein halber breit. Deine Nase steht so-
zusagen direkt an der Tür.
Strafe muß sein. Hab die Zelle zerdeppert; nun büße ich dafür. 24
Stunden im Loch, plus 8oo Mark Schadensersatz. Dabei war das
wackelige Mobiliar keine 8o Piepen wert. Alles ausrangierte Army-
bestände.
Von mir aus. Hab sowieso keine einzige Mark.
Wie lange ich schon hier steh’, weiß ich nicht. Was ich weiß, ist,
daß hier keine Frischluft reinkommt; nur Flurluft, durch einen win-
zigen Spalt, unter der Tür. Flurluft ist ziemlich dröge und sauerstoff-
arm. Das beunruhigt mich. Was, wenn die mich hier nach Ablauf
der 24 Stunden vergessen? Was, wenn die Beine schlappmachen und
einknicken??? Dann drückt sich die Nase platt, aber ansonsten pas-
siert nicht viel. Drei, vier Zentimeter sind ja Platz, ringsum. Reich-
lich wenig, wenn man bedenkt, daß die Strafe nur ´ausgestanden´
werden kann. Für’s Hinsetzen, oder Hocke, viel zu knapp...Das be-
unruhigt mich noch mehr. Schreien. Soll ich schreien?
Vergiss es. Du bist hier, um dich zu beruhigen; nicht zum Krakeh-
len. Ruhig bleiben...Sing was. Nee, lieber nicht. Das strengt an, kos-
tet unnötig Puste. Jeder Atemzug zählt.
Was dann?
Summen. Bienenleise. Klappt; aber nach den ersten hohen Tönen
rennt mir Schweiss aus der Hose. Zu dünn, die Luft.
Schluss mit dem Gesumme. Im Mund breitet sich Wüste aus. Die
Augen brennen, obwohl es hier stockduster ist. Die Kopfhaut fängt
zu jucken an. Nerven, die verrückt spielen. Wenn ich am Kopf krat-
ze, stoße ich ständig irgendwo an. Mir ist, als kämen die Wände
langsam und sicher näher; immer näher...Kein Platz, plus Angst,
macht zusammen: Platzangst!
Ruhig Blut. Du schaffst das. Bist ganz lässig. Total cool. Sowas von
lässig aber auch. Ich schrei gleich los, so lässig, wie ich bin..!
Eine unsichtbare Hand. Eine bekannte Stimme. Stimme, Nummer
Zwei. Die Sanfte....> Du bist ruhig...<
Das wirkt. Ich bin ruhig.
> Gut. So bleiben...Wie heißt du?...<
> Idiotische Frage! <
> Nicht aufregen, okay? Eben, das war gut...Na also, geht doch...Das
Ganze nochmal. Wie heißt Du? <
> Ralph.<
> Perfekt. Macht zehn Punkte. Wie alt bist du? <
> Schon schwieriger. Sechzehn?...Ja, sechzehn. <
> Gibt nur fünf Punkte, weil du zu spät geschaltet hast. <
> Na, hör mal. Ich war superschnell! <
> Warst du nicht. Und jetzt reg dich wieder ab. Nächste Frage. Wer
ist die schnellste Frau der Welt über 2oo Meter? <
> Marita Koch. Weiß doch jedes Kind. Erstrecht, weil die in Wis-
mar wohnt.<
> Acht Punkte, Schlaumeier. Jetzt wohnt sie in Rostock. Du hast
Gedächtnislücken. Konzentrier’ dich mehr! <
> Scheissspiel! <
> Nächste Frage... <
> Deine Fragen nerven! <
> Komm, fang dich wieder. Also - war der erste Mensch auf dem
Mond Russe oder Ami? <
> Weder, noch. Walter Ulbricht wars! <
> Walter Ulbricht? Wieso? <
> Weil Paps früher mal sagte: jetzt kommt die nächste Pfeife. Den
Ulli haben sie zum Mond geschossen. <
> Du willst mich veräppeln, oder? <
> Will ich nicht. Hab ich schon. Aber das, was Vatter sagte, stimmt!
Macht langsam Spaß. Frag weiter...! <
 
Plötzlich geht die Tür auf. Bin geblendet. Eine Lichtgestalt, die sich
als der junge Wärter entpuppt.
> Sind die vierundzwanzig Stunden endlich rum? <
> Nicht ganz, < sagt er. > Hier... <
Er drückt mir einen Apfel in die Hand. > Mußte mit Körner essen.
Wenn die hier ‘n Griebsch finden, krieg ich höllischen Ärger.<
Er will wieder zuschließen. Ich stelle einen Fuß in den Spalt.
> Kriste auch Ärger, wenn ich hier abklapp'? <
> Der Chef vielleicht. Ich eher nicht. <
> Na, toll. Und wer ist der Chef über Tod und Leben? <
> Der Anstaltsdoc. Hat vier Pickel auf der Schulter. Oberleutnant. <
> Wie is’der so? <
> Ziemlich streng, aber sonst okay. <
> Ich frag nämlich, weil ich gleich umkipp', und weil du ihm Be-
scheid sagen sollst. Sagst du ihm Bescheid...? <
Er glotzt mich an.
> Ich dreh hier durch! <
Er starrt immer noch; überlegt. Schließlich gibt er sich einen Ruck.
> Nimm den Fuß weg. <
Mache ich.
Die Tür klappt zu.
Ich esse den Apfel ganz.


Weiß nicht, wann...Irgendwann kippe ich wirklich nach vorn, gegen
die Tür.
Die ‘Lichtgestalt’ kommt rechtzeitig; ruft nach Hilfe. Erstmal buc-
keln sie mich ins Krankenrevier; päppeln mich mit Spritzen auf.
Dann zurück. Einzelzelle.
> Sechzehn Stunden, < scherzt Nussknackergesicht; oder besser:
‘Apfelmann’, ehe er abschließt. > Der alte Rekord stand bei Vier-
zehn...Nacht. < Licht aus.
Angst vor der Nacht. Angst vor Dunkelheit.
> Kann das Licht noch anbleiben?!, schrei ich ihm nach. > Bitte, nur
noch ‘ne halbe Stunde, oder eine..! <
Er lässt es an. Die ganze Nacht.
 
 
Beim nächsten Großputz ist die Gelegenheit günstig, über den Prof
zu sprechen. Während ich den Blocker schwinge, und Apfelmann
( übrigens heißt der mit richtigem Namen Roßkopf, doch das kann
ich mir nicht merken - will ich auch nicht, weil Apfelmann besser
zu ihm passt, wegen der immerroten Pauswangen); während ich also
fleißig das Zellenlenoleum wienere, und er mir fleißig beim Wie-
nern zusieht, frage ich ihn, warum der Prof brummen mußte?
> Raub, < meint er und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.
> Hat den Konsum seiner Tante überfallen, wegen ‘ner Pulle Schnaps.
Die wollte freiwillig nichts rausrücken, also hat er sie weggeschubst
und sich seine Ration selber geholt. Tantchen war stinkesauer - nicht
wegen der einen Flasche, sondern weil sie sich den Arm brach...Sie
dachte wohl, ein paar Wochen Knast, und der Bursche ist trocken...
Zu zweit haben wir Stein rübergebracht, zum Gerichtstermin...Von
wegen ‘ein paar Wochen’...Drei Jahre hat er gekriegt! Als Tant-
chen merkte, daß es deutlich dicker als gedacht kommt, hat sie die
Anzeige schnell zurückgezogen. Leider zu spät. Der Richter lehnte
ab. Ob bei Tantchen, oder anderswo - Raub bleibt Raub, meinte der.
Keine Nachsicht....Danach hat Stein sich erstrecht hängenlassen;
soff Fensterreiniger; ist auf jeden los, der in der Nähe war. Beim
Sani mußten wir ihn festbinden. Er hat nach Schnaps gebettelt; na-
türlich nichts gekriegt. Stundenlang war er am Wüten; ist total aus-
gerastet; spuckte sogar Leute an; verdrehte irgendwann die Augen
und zuckte andauernd. Der Sani mußte ihm ‘ne volle Dröhnung
spritzen, damit er Ruhe gibt. Nervenzusammenbruch, zu allem Ü-
bel... Danach war Stein nur noch ein Häufchen Elend. Lag nur noch
da und brabbelte vor sich hin. Letzte Woche wollte er sich die
Pulsadern aufschlitzen. An der Tischkante. Hat immer wieder die
Gelenke dagegen geknallt. Messer sind ja zum Glück keine da. Und
denn ist er.... <
> Hör auf!, < schnauze ich dazwischen.
Apfelmann erschreckt sich. > Warum fragste denn erst?! <
> Weiß nicht. Der is’ eben immer noch da, wenn ich abends die
Augen zumach’. Liest in seinem Buch, wenn ich reinkomm’. Is’al-
les bildlich da! <
Er glotzt mich so komisch an.
> Stein konnte garnicht lesen. Hat nur so getan, als ob. Der war durch
und durch Analphabet! <
Seine Stimme wird merklich lauter. > Der war kaputt, verstehste?!
Wußte ja garnicht mehr, wo vorn und hinten ist...! <
> Wem sagste das... <
> Na, dir! <
> Kapier ich, klar. Und ...und was kann ich dafür?! <
> Nichts. Garnichts!!! <
> Warum schreiste denn so?! <
> Schrei ja garnicht!!! <
 

Weg ist er. Für immer. Hab noch öfter nach Roßkopf, den Justizan-
wärter-Praktikanten gefragt, aber keine Auskunft bekommen. Hier
sagt ja keiner was. Schweigen im Walde. Vielleicht war ‘Apfelmann'
zu weich und die Praxis hinter Gittern zu hart für ihn. Jedenfalls
war er ein Lichtblick in der Bude. Der einzige.
Wünsche dir Glück, Apfelmann!
 

Kurz vor Weihnachten trudelt die Anklageschrift ein. Schon beim
ersten Hinsehen weiß ich: es sieht nicht gut aus. Um ehrlich zu sein:
beschissen sieht’s aus. Der Staatsanwalt droht schon mal vorab, daß
ich mindestens ein Jahr und höchstens fünf Jahre kriege. Arsch, der!
Der Anklageschrift ist ein Merkblatt beigefügt. Es besagt, daß mei-
ne Strafsache im Schnellverfahren; unter Ausschluss der Öffentlich-
keit, verhandelt wird. Und das Schärfste: schon heute Nachmittag
geht das über die Bühne...Jetzt ist Mittag. Um drei ist Verhandlung.
Spinnen die?!...Nee, die wissen genau, daß Schnellverfahren mitun-
ter nützlich sind, schätze ich mal.
Tiger die Zelle auf und ab. Nach dem Essen holt ein Wachmann die
Anklageschrift wieder ab. Auch das noch. Nicht mal den Wisch
darf ich behalten. Paps hätte sicher seine helle Freude dran gehabt...
‘ne Viertelstunde zum Durchlesen - mehr Zeit war nicht. Mich be-
schleichen ungute Gefühle. Einerseits hoffe ich auf Milde; das
heißt: Freilassung. Andererseits....Träum man schön weiter, würde
Paps sagen. Knast, Mann. Du wanderst ab, in den nächsten Bau;
und zwar für lange, lange Zeit...Meine Schritte werden schneller.
Hoffentlich hat der zuständige Richter gut gepennt. Wenn nicht,
sehe ich alt aus. Fünf Jahre Höchststrafe. Alles möglich; nur: fünf
Jahre sind entschieden zuviel! Die schaff’ ich garantiert nicht!
Bloß keine Panik. Hochwürden hat Superlaune, und ich auch, weil
ich nämlich bald frei bin. Aber - warum Schnellverfahren; ohne Öf-
fentlichkeit? Ist Abhauen etwa ein Verbrechen, das man besser ver-
schweigt? Hab doch keiner Mücke was getan! Schiffbauer will ich
werden; drüben, in Hamburg, mehr nicht. Deswegen lochen die mich
doch nicht ein!
Und wenn doch?
Keine Ahnung. Vielleicht heul' ich denen was vor, oder renn' mir den
Weg frei...Weiß der Geier. Wenn ich, bei aller Selbstbeherrschung,
doch heulen muß; dann garantiert nicht im Gerichtssaal. Den Gefal-
len tu ich keinem; nur mir selbst - später, wenn alles vorbei ist.
>Erzähl keinen Blödsinn...Die schicken dich nicht in den Knast. Du
marschierst nach Hause und siehst deinen alten Herrn wieder. Ihr
feiert ‘ne Riesenfete; Paps trinkt Limo statt Rotkäppchen; die Bude
ist rappelvoll mit netten Leuten; und nächste Woche wird ein neuer
Fluchtplan ausbaldowert. Paps kommt mit nach Hamburg, ob er will,
oder nicht. Und wenn wir da sind, steigen mindestens zehn Feten
hintereinander; jeden Tag eine; zehn Tage abfeiern. Hee Paps, nimm
Ohrstöpsel mit - es wird ziemlich laut in Hamburg....Paps? <

Ist weg. Dafür steht ein uniformierter Kerl im Türrahmen.
> Haste das öfter? Selbstgespräche führn?, < lästert er. > Es geht
los...<
Ich mache auf kühl. > Na denn, Alter vor Schönheit...<
Wir zockeln in Richtung Hof. Schräg gegenüber, der Gerichtsbau.
Nicht besonders groß und potthässlich. Barackenähnlich. Der auf-
jaulende Wind ist eisig. Schnell rein, in die warme Baracke. Saal 13.
> Könn’ wir nicht in Saal 12?, < frage ich.
Der alte Wachmann grinst. > Könnte dir so passen. Bist abergläu-
bisch, hä? <
Bin ich nicht. Hab nur was gegen Gerichtssäle, die kaum größer als
Zellen, und direkt neben dem Männerklo sind.
Hinein. Die Uhr im Saal zeigt eine Minute vor drei. Seid ihr auch
alle da? Sind sie. Pünktlich wie die Maurer - ein Richter, der Staats-
anwalt, gesellschaftlicher Ankläger und gesellschaftlicher Beistand.
Handschellen abnehmen. Der Aufpasser postiert sich in Reichweite.
Setzen.
Der Staaatsanwalt fängt an. Klageschrift vorlesen. Kostprobe gefäl-
lig?
> ...Der Angeklagte hat sich eines besonders schweren Vergehens
schuldig gemacht, da er die Sicherheit unseres Staates erheblich ge-
fährdete. Der Beschuldigte hat nicht verlauten lassen, daß er die
verwerfliche Tat bereut. Deshalb ist davon auszugehen, daß er nach
seiner Haftentlassung erneut straffällig und versuchen wird, die
Grenze der Deutschen Demokratischen Republik zu verletzen...<
 
Die Grenze verletzen? Wie soll das gehen? Bin fast ertrunken; hab
was auf die Schnauze gekriegt, aber von sonstigen Verletzten weiß
ich nichts. Kann sein, daß da ein paar Fische mit im Netz waren, als
mich die Grenzer hoppsnahmen. Wenn ja, entschuldige ich mich in
aller Form bei den Fischen. Muß ich mich bei sonst wem entschul-
digen? Wüßte ich nicht.
Er nun wieder.
>...Deshalb beantrage ich drei Jahre Freiheitsentzug und zusätzliche
Meldepflicht, nach der Haftentlassung. <
Der Typ in Schwarz setzt sich; sieht mächtig zufrieden aus.
Logisch, daß ich nicht zufrieden aussehe. Trotzdessen baue ich nun
verstärkt auf den ergreifenden Vortrag des gesellschaftlichen Bei-
stands.
Leider muß ich relativ schnell feststellen, daß mein Beistand ziem-
lich ballaballa ist...Beistand klingt ja eindeutig nach Beistehen. Um
das zu tun, sollte er eigentlich meine Geschichte kennen. Mich per-
sönlich zu kennen, würde der Sache auch nicht schaden. Da Beides
nicht der Fall ist, macht er sich ans Grobe; plappert munter von dem,
was schon auf Papier steht - plappert über das, was er davon hält,
und das, was von ihm erwartet wird. Kurzum: sein Statement ist
lammbrav; gleichzeitig aber auch ziemlich abgefahren. Schon die
ersten zwei, drei Sätze hauen voll rein...in die Scheisse.
> Meine Herren! Das vermeintliche Glück wird der Bürger Bruse
dort sicher nicht finden. Und ich weiß schon jetzt, daß er spätestens
nach, sagen wir: zwei Wochen an die Tür unserer sozialistischen
Republik klopft! <
(Luft holen)
> Lassen wir ihn doch ziehen, wenn er doch sowieso ohne jede Ein-
sicht ist! Sie werden sehen, daß er reumütig wiederkommt! Nur
sollten wir dann genau überlegen, ob wir ihn wieder einlassen.<
Seine Krakenfinger zeigen auf mich.
> Dieser sturköpfige Rowdy hat es verdient, daß wir ihn hinauswer-
fen! Soll er doch ruhig mal spüren, wie es in der menschenverach-
tenden, kapitalistischen BRD zugeht. Er wird noch froh sein, diese
nie gesehen zu haben. Lassen wir ihn einfach ziehen. Weg, hinweg
mit ihm! <
Während sein linker Arm noch in der Luft herumfuchtelt, erleidet
der Richter einen Tobsuchtsanfall.
> Sind Sie noch zu retten, Gutt?! < (so heißt der ‘Beisteher’) > Was
soll Ihr blödsinniger Vorschlag?! Ich werde mir ganz bestimmt kei-
nen Ruck geben und den Angeklagten sonstwohin ziehen lassen, Sie
Leuchte, Sie! Wissen Sie überhaupt, was Sie da schwafeln?! <
Des Richters Augen treten vor. Die von Gutt ziehen sich weit zurück.
Schade eigentlich; da hat er mal ‘nen tollen Geistesblitz; nur nimmt
ihn keiner für voll. Und jetzt kneift er auch noch. Ballaballa, oder
nicht - mir gefällt sein Vorschlag, auch wenn er mich damit eher in
die Pfanne hauen will.
Hochwürden ist aber strikt dagegen; und somit verschlechtert sich
meine Chance, hier halbwegs ungeschoren wegzukommen, rapide.
Zwar hab ich nachher noch ein Schlusswort, aber das allerletzte
Wort hat Hoheit - und mit dem ist nicht gut Kirschen essen. Jeden-
falls fegt er die vortreffliche Idee wie Schnee im Hausflur weg;
schnauzt Gutt an, daß er sich setzen soll - was der auch sofort tut,
und wendet sich mir zu. Er rückt sein Nasenfahrrad in die alte Po-
sition und versucht es auf die väterliche Tour. > Willst du nochmal
versuchen, die Deutsche Demokratische Republik auf illegalem
Weg zu verlassen? <
Wieso reden die hier alle so geschwollen? Streich’ einfach das ill
vor dem illegal, dann haste ‘ne klare Antwort...Will nur raus - zu-
erst aus dem kleinen, und dann aus dem ‘großen Knast’! Deine de-
mokratische Republik ist mir völlig schnuppe. Deshalb hau ich im-
mer wieder ab - illegal, legal - egal! Hauptsache raus!
Dies würde ich ihm liebend gern hinpfeffern, doch weil seine Spitz-
ohren plötzlich so seltsam glühen - vor lauter Güte, oder Ungeduld;
das ist hier die Frage - weil er also in einer Entscheidungsphase ist,
die sich deutlich in einem Paar heisser Ohren offenbart, zügele ich
mich; gebe eine Antwort, die ihn milde stimmt. Schließlich geht es
um Monate; eventuell auch um Jahre. Der ‘brave Junge’sagt: > Ich
werde einen Ausreiseantrag stellen.<
Falsche Antwort. Immerhin ist er zunächst beeindruckt.
> Ausreiseantrag. Soso...Du willst dein Vorhaben, in die BRD zu
kommen, pardu nicht aufgeben, richtig? <
Bin ein ehrlicher Bürger; antworte: > Richtig.<
Nun vibrieren seine Ohren merklich.
> Du wirst nicht nachlassen, in die BRD zu gelangen? <
Der wiederholt sich. Und nervt.
> Nöö. <
Die Augen hinter der Brille weiten sich.
> Und wenn sämtliche Ausreiseanträge nicht bewilligt werden? Was
dann, hä? Dann schnappst du dir wohl das nächstbeste Flugzeug und
düst in Richtung Westen, hä?! <
Gute Idee, überlege ich. Kennt er etwa einen Flugplatz, wo so klit-
zekleine Vögel stehn? Düngerstreuer würde reichen. Bin ja nicht an-
spruchsvoll. Hauptsache, der Vogel fliegt.
> Ooch, das mit der Ausreise wird schon klappen, < antworte ich so
zuversichtlich, wie möglich.
In seine Antwort mischen sich Untertöne, die mir garnicht gefallen.
> Ich frag dich dich nochmal...Was ist, wenn das mit der Antrag-
stellung nicht klappt? Sehn wir uns dann hier wieder?... Denk’ gut
nach. Du weißt genau, worauf ich hinaus will. Ich will hören, ob du
nochmal versuchst, illegal zu verschwinden? Na, ich höre...!
Na klar verdufte ich. Nach der bisherigen Tortour erstrecht!
> Mal sehn, < sage ich.
Wieder falsche Antwort. Mal sehn heißt für ihn: schaun wir mal, wo
ein Loch im Zaun ist - was ja irgendwie auch stimmt.
Sein Gesicht wird zusehends düsterer - untrügliches Zeichen dafür,
daß er den Sack, in dem ich sitze; schon zu hat. Fertig. Er ist fertig
mit mir; lehnt sich zurück.
Der gesellschaftliche Ankläger spult im Prinzip dieselbe Leier, wie
der Staatsanwalt ab, nur daß er kein Strafmaß beantragt. > Der An-
geklagte ist uneinsichtig; ja verbohrt und ein schlimmer Rowdy ist
er auch. Sein Vergehen wiegt so schwer, daß es keine Nachsicht
verdient. Der Angeklagte....<
Klappe zu. Ich höre nicht mehr hin.
 
Ehe sich die Herrschaften zur Beratung verziehen, bin ich dran, mit
dem letzten Wort.
Was soll ich sagen? Bin schlicht und einfach platt. Sehr wundersam,
die ganze Veranstaltung, hier...Könnte eventuell sagen, daß die Her-
ren gleich Feierabend haben; heimgehen, zu Kind und Kegel, sich
gemütlich vor den Tannenbaum setzen; kling Glöckchen klingelin-
geling...könnte erzählen, daß ich es nicht so gemütlich habe und
auch nach Hause will; Paps sehn; wenigstens für einen einzigen
Tag; von mir aus auch mit Bewacher. Nur einen Tag; einen halben;
zwei Stunden - scheissegal! Nur Paps wiedersehen!
Erzählen kann ich den vier Affen im Saal viel. Das Sagen haben
sie.
Sage nichts. Kein Bedarf; nee. Später vielleicht, wenn ich weiß, was
Sache ist. Dann kann ich die Klappe immer noch bis zum Anschlag
aufreißen. Wegen Beleidigung gibt's keine Jahre. Höchstens Geld-
strafe oder ersatzweise ein paar Wochen. Was sind schon drei, vier
Wochen? Da hört sich ein Jahr schon ganz anders an. Das sind mal
gleich 56 Wochen; dreihundertfünfundsechzig Tage; an die zehntau-
send Stunden! Drei Wochen sind dagegen ein Klacks...
 
Der Affen-Vierer versteht meine Nachdenklichkeit als Verzicht. Al-
so ziehn sie sich zur Beratung zurück.
Keine fünf Minuten beraten sie.
Das Urteil.
> Der Angeklagte wird unter Anrechnung der Untersuchungshaft
und einer Ersatzstrafe von fünfzig Tagen; Aktenvermerk des Amts-
gerichts Gadebusch; wegen illegalem Grenzübertritt, gemäß Para-
graph Zweihundertdreizehn des STGB zu einer Gesamtstrafe von
einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Es ist davon auszugehen,
daß der Angeklagte erneut versuchen wird, die Staatsgrenze der
DDR....Er wird in den Jugendstrafvollzug Wriezen überwiesen. Er
kann innerhalb einer Woche Berufung beim Bezirksgericht....Die
Kosten des Verfahrens....

Die Saaluhr. Zwanzig nach Drei. Zwanzig Minuten verhandelt.
Kurzer Prozess.
 
Hab eine Mordswut! Und sage kein Wort. Springe auf, ehe ‘Spitz-
ohr’ mit dem Lesen fertig ist; strecke die Hände vor. Der Wachmann
lässt die Handschellen klicken. Er will, daß ich mich wieder hinsetze;
nuschelt was von Respekt, und so’n Quatsch.
Ich marschiere los, Richtung Ausgang. Er will mich festhalten.
Zwecklos. Ich marschiere weiter. Tür auf. Der Flur. Weiter. Er über-
holt mich, schließt die Außentür auf; hält mir immer noch Vorträge
über Nichtachtung des Gerichts.
Draußen Eisregen. Wind peitscht über den Hof.
Der Alte beruhigt sich wieder; versucht sogar, mich aufzumuntern.
> Wenn du Glück hast, kriste zwei Drittel. Bist nächste Weihnach-
ten draußen. <
Weihnachten? Wo findet das statt? Hier? Sehe nur Stacheldraht und
Mauer. Nächste Weihnachten...wie weit ist das weg?
Zu weit. Viel zu weit.
In den Augen klebt Nässe. Ist nur vom Wind. Keine Tränen. Tränen
sind Gefühl. Ich hab kein Gefühl; erstick’ noch an der Wut!!!
Der Alte zieht den Kopf ein.
> Ganz schön kalt, ne? <
 
Sag’s nochmal, Wachmann.
Ganz kalt.
Ohne schön.

 

 

 

                                                ...weiter in Teil 2





 

     Christine

       Ralph

       Heike

 Bild: pinterest

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